P E N S É E S
Den Kopf kann man sich durchaus freimachen, indem man ein Nichts durch ihn hindurchjagt. Ein Nichts, das alle Gedanken, die dort bisher schön in Schubladen gelegen sind, durcheinanderwirbelt. Ein Nichts, das die bisherige Ordnung zerstört; etwas, das man vielleicht die „Kraft der schöpferischen Zerstörung“ (Joseph A. Schumpeter) nennen kann. Eine Art brutale Zertrümmerung – in Teile, die dann für immer verloren sind und ein Brachland erzeugen, auf dem dann wieder etwas gepflanzt werden kann. Es kann aber auch eine Art sanfte Zerlegung sein, ein vorsichtiges Auseinandernehmen von mehreren Teilen, ein langsames Auflösen, Masche für Masche, ohne Zerstörung und mit der Möglichkeit, ebendiese Teile anders wieder zusammenzusetzen. Denn was ist eine Idee anderes als die Neuverknüpfung zweier Gedanken? Dass die Zerstörung auch nur eine von vielen Varianten der Dekonstruktion ist, hat Thom Yorke in seinem neuen Album „Anima“ durch den ironischen Tonfall deutlich gemacht, in dem er „I have to destroy to create“ singt.
Nur wo Bestehendes in Frage gestellt wird, kann Neues entstehen. Nur wenn man unbegangene Wege geht, kommt man an neue Orte. Nur wenn etwas auseinandergenommen wird, können die Strukturen sichtbar gemacht werden, die man sonst als selbstverständlich wahrnimmt.
Wozu das alles? Nur wo Bestehendes in Frage gestellt wird, kann Neues entstehen. Nur wenn man noch unbegangene Wege geht, kommt man an neue Orte. Nur wenn etwas auseinandergenommen wird, so wie der Sprachphilosoph Jacques Derrida es mit der Sprache gemacht hat, können die Strukturen von Systemen sichtbar gemacht werden, die man sonst als selbstverständlich und naturgegeben wahrnimmt. Von Systemen, innerhalb derer man es sich gerne bequemt macht, aber wie heißt es so schön? „A comfort zone is a beautiful place, but nothing ever grows there.“ Je stiller der Stand ist, umso lauter wird die Angst, die ruft: Hör auf, deine Zeit zu verschwenden. Im Denken neuer Dinge, da steckt eine große Lust.
Literaturempfehlungen:
- Joseph A. Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie
- Jacques Derrida: Grammatologie
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